Der Eiserne Vorhang fällt, in der CSSR wird das KP-Regime gestürzt und Dissident und Dichter Vaclav Havel neuer Präsident, in Rumänien wird Diktator Nicolae Ceausescu von einem Volkstribunal hingerichtet, in Berlin fällt die Mauer und das SED-Regime muss zurücktreten, in der Kapuzinergruft wird die letzte Kaiserin Österreichs, Zita, die 96-jährig verstorben ist, beigesetzt.

Über das Weinjahr 1989 wissen wir, dass es ein spätreifendes Jahr mit extremen Niederschlagsverhältnissen war: von Jänner bis März sehr mäßiger Regen, von April bis August dann fast zu viel davon. Anfang Oktober 4 Tage Dauerregen, der mit einem Frosttag endete und somit die Erntemenge reduzierte. Danach dann der schönste Altweibersommer, sprich ein Traumwetter mit etwas Frühnebel und tagsüber viel Sonne mit spätsommerlichen Temperaturen. Teilweise wurde trotzdem bis in den November gekämpft, um die Trauben in eine höhere Reife zu bekommen. Ein Jahr mit viel Botrytis und die Weine mit geringem Alkohol- und Rekordextraktwerten.

Eine illustre Runde fand sich zur diesjährigen 89er-Raritätenverkostung am Mittwoch, den 18. Juni 2014 im Ratscher Landhaus ein, um oben genanntes zu überprüfen. Leute aus nah und fern, die ihren Geburtsjahrgang kosten wollten, andere, die sich zur Silberhochzeit beschenkten und weitere, die zu ihrem 60er dafür sogar die Anreise aus München auf sich nahmen.

Belohnt wurden alle mit insgesamt 21 Weinen in 8 Flights quer durch die Sorten- und Winzervielfalt, die wie folgt angetreten sind. Zum Starten ein quietschlebendiger WR Sulz von Gross, der sich gegen seine Namensvetter vom Rhein naturgemäß etwas schwerer tat und aus den eigenen Reihen (RR Kittenberg) mit feiner Struktur und schönem Säurespiel übertroffen wurde. Bereits im 2. Flight bewiesen die Weißburgunder erneut ihre lange Lagerfähigkeit. Ein respektabler WB Grassnitzberg Polz stand neben einem bernsteinfarbenen Klevner Sattlerhof und einem grandiosen WB Zieregg von Tement, der als einziger Wein des Abends 13 vol % alc vorzuweisen hatte. Zwei Morillon(e) unter 11,0 vol % alc. von Peter Skoff und Franz Hirschmugl ließen ob ihrer Filigranität aufhorchen, der MO Sattlerhof einmal mehr ob seiner Jahrgangstypizität. Im starken Grauburgunder-Auftritt mit zwei Kabinettweinen von Tement und Polz kam GB Sulz 1988 Gross als Jahrgangspirat zu seinem Einsatz. Den Titel des verführerischsten und geschmackintensivsten Weines gebührte diesmal SB Czamillonberg Tscheppe, der gegenüber der SB-Lagencuvée Zieregg-Grassnitzberg Tement aber nur hauch dünn die Nase vorne behielt. Die zarten Traminer von Maitz und Prünte bekamen eine glamouröse Begleitung in Form einer Polz’schen SB-MO-Cuvée, gleichzeitig Jungfernlese vom Hochgrassnitzberg. Den roten Abschluss bildeten die SL-ZW-Cuvée Sattlerhof, der als wohlgesinnter Partner ein Beaujolais von Georges Duboeuf diente.

Das Finale oblag aber Andreas und Michaela Muster, die mit ihrem Team und Küchenchef Heinz Futschek für den lukullischen Verlauf des restlichen Abends verantwortlich waren. Die beeindruckende Kreativität der Küche und die Weinaffinität des Hausherrn waren deutlich zu spüren, sodass der harte Kern an diesem Abend überhaupt nicht mehr nach Hause gehen wollte...

 

Weingut Peter Skoff Morillon Qualitätswein 1989 10,4 vol % alc trocken 0,75 l

Ein Wein, der dich mit einem hellen Strohgelb anlacht, mit etwas verhaltener, später nach Butterscotch erinnernden Duftnoten zu verleiten versucht und am Gaumen mit jugendlicher Beschwingtheit, filigraner Leichtigkeit und burschikoser Säure verblüfft. Heutzutage undenkbar, einen Chardonnay unter 10,5 vol % alc. auf den Markt zu bringen...

Winkler-Hermaden, Sauvignon Blanc Ried Kirchleiten Qu. 1994 12,5 vol. % alc. trocken

Helles Goldgelb; würziges leicht oxydatives, aber verführerisches Naserl; am Gaumen straff mit eindrucksvoller steirischer Eichenholzwürze (Holz aus Kapfensteiner Wäldern), dazu gesellen sich dezente Botrytis und auch harmlose pilzige Waldbodennoten; ein in einer Blindprobe deutlich jünger geschätzter Wein aus einem doch etwas schwierigeren Weinjahr!

Weingut Wolfgang Maitz - Rebenburg, Traminer Kabinett 1989 10,8 vol % alc. trocken 0,75 l

Mittleres Goldgelb; In der Nase matchen sich getrocknete Rose und Lavendel, am Gaumen blumig, frisch, fröhlich und unkompliziert, ein Hauch von Kräuterzuckerl, ein Wein, der nur sanften Druck ausübt und sehr harmonisch ausklingt. "Selten so einen leichtgewichtigen und dabei sortentypischen Traminer getrunken!"